Im vorangegangen Artikel ist die Autorin dem – für sie unverständlichen – Heimtierhype nachgegangen und hat Expertinnen dazu befragt. Den Beitrag könnt ihr hier noch einmal nachlesen.

Der Trennungshund: Eva, 30, hat sich mit ihrem Exfreund vor dreieinhalb Jahren einen Hund zugelegt

Mein Freund und ich haben Joschi zu uns geholt, als er ein Jahr alt war. Aus einer Pflegestelle in Ungarn. Ich war gerade in der Endphase meines Studiums und arbeitete nebenbei. Auch mein Freund hatte mit seinem Job viel zu tun. Eigentlich wussten wir, dass ein Haustier gerade nicht zu unserem Wiener Leben passt, aber der Kindheitswunsch nach einem eigenen Hund war stärker.

Die ersten Wochen waren der blanke Horror. Joschi war ein echter Wildfang, total unsozialisiert; er konnte keine Minute alleine bleiben. Mein Freund und ich haben uns in der Anfangszeit viel gestritten. Zum Beispiel darüber, wie man einen Hund richtig erzieht – wir waren ja beide Anfänger. Ich habe mich jeden Tag gefragt, ob es die richtige Entscheidung war oder ob wir Joschi doch wieder abgeben sollten. Ich war plötzlich neidisch auf alle, die keinen Hund hatten und tun und lassen konnten, was sie wollten – spontan in den Urlaub fahren oder feiern bis in die Morgenstunden. In der Rückschau habe hauptsächlich ich mich um Joschi gekümmert. Mein Freund hat die Verantwortung nur dann übernommen, wenn er sich danach gefühlt hat. Trotzdem konnte ich mir ein Leben ohne Joschi bald nicht mehr vorstellen.

Als ich mich von meinem Freund getrennt habe, hat er plötzlich Ansprüche auf Joschi erhoben. Meine Freund*innen haben mir damals geraten, ich solle eine klare Grenze ziehen. Ich aber habe mich letztlich auf einen Kompromiss eingelassen – ich wollte die beiden nicht so brutal trennen. Seitdem teilen wir uns Joschi. Obwohl es mir bis heute nicht leichtfällt, ihn abzugeben, war es in der Rückschau auch ganz praktisch: Wenn ich mal eine Woche weg wollte, musste ich keinen Sitter für Joschi finden, sondern konnte ihn bei meinem Ex abgeben. Außerdem glaube ich, dass wir ohne Joschi heute keinen Kontakt mehr hätten und auch das fände ich schade.

Meinen neuen Freund stört es, dass mein Ex immer noch mitmischt. Auch er liebt Joschi und hätte ihn lieber für uns alleine. Wie wir es in Zukunft regeln werden, kann ich noch nicht sagen. Ich bin vor Kurzem für die Arbeit nach Utrecht gezogen und bald kommt Joschi nach. Ob ihn mein Ex dann auch in Holland besuchen wird, wird sich zeigen.

Die Beziehungskillerkatzen: Larissa, 28, würde sich mit ihrem jetzigen Partner nicht mehr so schnell ein Haustier anschaffen

Ich bin mit Tieren aufgewachsen – Hund, Katze, Meerschweinchen. Für mich war klar, dass zu einem eigenen Haushalt ein Tier gehört. Mein Freund und ich waren gerade mal vier Monate zusammen, als wir in die gemeinsame Wohnung in Hamburg zogen. Er 30, ich 22 und mitten im Studium. Ein Haustier passte eigentlich gar nicht in unser damaliges Lotterleben, aber ich hatte es mir in den Kopf gesetzt. Schließlich gab mein Freund nach und wir haben unseren ersten Kater geholt. Schnell hatte ich das Gefühl, dass sich eine Katze alleine in der Wohnung langweilt. Also überredete ich ihn zu einer zweiten. Einige Monate später haben wir dann noch spontan den Hund meiner Schwester übernommen. Dann wurde es so richtig kompliziert.

Schon bei den Katzen habe ich gemerkt, dass die Tiere eine viel engere Bindung zu meinem Freund als zu mir aufbauten und er ihnen auch mehr Aufmerksamkeit schenkte, als mir manchmal lieb war. Bei dem ersten Kater war ich noch eifersüchtig, dann entwickelte sich eine Art Konkurrenz um die Gunst der Tiere. Dazu kam die Sache mit dem Geld. Als Studentin konnte ich nicht viel zu dem Unterhalt unserer kleinen Familie besteuern und mein Freund musste so gut wie alle Kosten alleine tragen. Auch das Katzenklo hat eigentlich immer er gesäubert. Wir haben uns in der Zeit viel gestritten – nicht direkt wegen der Tiere, sondern eher, weil die gemeinsame Sorge für ein Haustier Charaktereigenschaften und Defizite des Partners offenbarte, die mir anders vielleicht gar nicht bewusst geworden wären. So gesehen hat unser kleines Haustierexperiment seinen Teil dazu beigetragen, dass wir uns nach fünf Jahren getrennt haben. Heute lebt er in einer neuen Beziehung, die Katzen hat er mitgenommen.

Das große Los: Juliana, 25, und Felix, 26, hat ihre Hündin noch näher zusammengebracht

Felix: Wir haben nicht geplant, uns so früh einen Hund zu kaufen. Wir haben Lotti gesehen und aus dem Bauch entschieden. Bereut haben wir es nie. Jeden Tag, wenn sie morgens in unser Bett springt um mich zu wecken, gibt sie mir ein Gefühl von Sicherheit, von zu Hause sein. Auch in unsere Beziehung hat sie mehr Beständigkeit gebracht. Ein gutes Team waren Jule und ich von Anfang an, aber seitdem wir uns die Verantwortung für ein Lebewesen teilen, ist die Motivation alles füreinander zu geben noch gestiegen. Durch sie haben wir, bestimmt früher als viele andere junge Pärchen, ganz besondere Seiten am anderen kennengelernt. Zum Beispiel habe ich Jule vorher noch nie so fürsorglich erlebt. In der Zeit, als Lotti neu bei uns in der Wohnung war und sich noch eingewöhnen musste, hat Jule manchmal die ganze Nacht neben ihrem Körbchen geschlafen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt wusste ich: Diese Frau könnte auch die Mutter meiner Kinder werden.

Juliana: Trotzdem war es, besonders am Anfang, auch echt anstrengend. Man ist plötzlich nicht mehr so frei, spontan und ungebunden. So ein Hund bedarf ziemlich vieler Organisation und oft muss zumindest einer von uns für den Abend zurückstecken. Manchmal erntet man dafür auch dumme Sprüche. Sowas, wie: "Ey, vergesst doch mal den Köter und bleibt heute auch mal länger!". Das lässt uns aber völlig kalt. Lotti gibt uns so viel, da kann keine Party mithalten. Sie ist einfach ein ganz besonderer Hund. Nicht nur wegen ihres Aussehens. Es sind auch ihre zugewandte Art und die gute Erziehung, die die Leute begeistern.

Felix: Mit Lotti ist es, als würde man immer ein Stück des anderen bei sich haben, auch wenn man – wie wir gerade – getrennt voneinander lebt. Jule macht seit einigen Monaten ein Praktikum in Hamburg, wir führen also eine Fernbeziehung und wechseln uns mit Lotti ab. Sie macht uns das mit dem Abstand viel erträglicher.

Vorstufe zum Baby: Jan, 33, und Katharina, 32, proben mit ihrem Hund Struppi schon mal das Elternsein

Jan: Wir erwarten in den nächsten Wochen unser erstes Kind. Uns ist bewusst, dass Hund und Baby zu einer doppelten Belastung werden können. Vor allem dann, wenn Struppi eifersüchtig auf unser Kind reagiert, oder es als neues Rudelmitglied vor uns beschützen will. Wir haben einige dieser Szenarien durchgespielt, dabei war uns aber immer klar: Egal was passiert, Struppi bleibt. Er gehört zur Familie. Eigentlich hatten wir seit Beginn unserer Beziehung immer irgendein Haustier. Unser erstes Beziehungstier war ein Hamster, in der ersten gemeinsamen Wohnung gab es dann eine Katze. Irgendwann hatte Katharina dann die Idee mit dem Hund. Ich weiß, das hört sich jetzt so an, als hätten wir uns bewusst gesteigert – Hamster, Katze, Hund und jetzt das Kind. Wir haben mit unseren Tieren aber nicht für das Elternsein geprobt. Sie waren kein Kindersatz, sondern ganz normale Haustiere. In der Rückschau gibt es aber einige Parallelen. Der Umgang und die Sorge um Struppi haben uns viel gezeigt, was uns in der Elternrolle helfen wird. Es ist ja nicht selten so – besonders bei jungen Paaren, die früh Kinder kriegen –, dass einer von beiden kalte Füße bekommt, weil er das Ausmaß der Verpflichtungen falsch eingeschätzt hat. Oder ein Partner in der Elternrolle Charakterzüge entwickelt, die der andere vorher nicht von ihm kannte und die ihm missfallen. Das wird uns nicht passieren. Durch Struppi haben wir gelernt, schwierige Entscheidungen gemeinsam zu fällen und Verantwortung zu übernehmen. Durch ihn wissen wir: Es findet sich immer eine Lösung.

Katharina: Struppi hat uns auch gezeigt, wie man seinen Alltag so strukturiert, dass jemand Drittes darin Platz hat. Auch weitläufig zu planen mussten wir schnell lernen. Wir können ja schon seit Jahren nicht mehr einfach so in den Urlaub fliegen oder über das Wochenende spontan zu Freunden fahren. Wir müssen uns immer fragen: Kann Struppi mitkommen und wenn nicht: Wer passt auf ihn auf? Eine Einschränkung, die auch unser Kind mit sich bringen wird. So ein Haustier schafft also eine gute Basis für eine Beziehung. Man lernt sich schnell besser kennen und vor allem vertrauen – und ein Paar, das sich gut kennt, kann so große Herausforderungen wie das erste gemeinsame Kind besser meistern. Sich das Tier allerdings nur anzuschaffen um für die Elternrolle zu proben, halte ich für falsch. Das würde ja eine trügerische Sicherheit vermitteln: Nur weil man ein Beziehungstier gemeistert hat, heißt das ja noch lange nicht, dass man auch als Eltern funktioniert.