Ob wir nun wollen oder nicht: Geld ist ein wichtiger Aspekt unseres Lebens. Dennoch beschäftigen sich die meisten äußerst ungern damit. Warum eigentlich? "Abgesehen davon, dass unser Finanzsystem sehr komplex ist, haben viele, oft auch unbewusst, ein negatives Verhältnis zu Geld", sagt Babett Mahnert, die 17 Jahre lang für Banken gearbeitet hat. Sie spielt auf Glaubenssätze an, die wir in der frühen Kindheit erwerben. Haben unsere Eltern schlecht über Geld gesprochen, ist es ein Reiz- oder gar Tabuthema gewesen, so übernehmen wir oft dieses Denken. Ähnlich sei es mit unserem Umgang mit Geld: Wer zu Hause nicht lernt, wie sie*er mit Taschengeld haushaltet oder dass sie*er zur Erfüllung von Wünschen etwas beitragen muss, die*der habe später eher finanzielle Schwierigkeiten.

Hinzu kommt, dass laut einer Studie (PDF) fast die Hälfte der 18- bis 24-Jährigen in Deutschland über keine finanzielle Bildung verfügt. Ein Unding für die Finanzexpertin aus Berlin: "Es ist höchste Zeit, dass Finanzen auf dem Stundenplan stehen." Darum plant sie, ehrenamtlich Vorträge an Schulen zu halten und so Berührungsängste abzubauen: "Viele blenden das Thema aus, weil sie denken, es sei wahnsinnig kompliziert. Dabei ist es wichtig für das eigene Wachstum, seine Finanzen selbst in die Hand zu nehmen und sich so von den Eltern oder der*dem Partner*in unabhängig zu machen."

Unser Warum spielt eine zentrale Rolle

Wer finanziell unabhängig sein möchte, brauche neben finanziellem Wissen auch ein Warum. Wie im Leben sei es auch die Antriebsfeder jeder finanziellen Entscheidung. Und es war für Babett der Grund, sich aus der Bankenbranche zu verabschieden. Denn Banken arbeiteten produkt- und nicht bedürfnisorientiert, kümmerten sich primär um den Verkauf und nicht um die*den einzelne*n Kund*in. Die 40-Jährige war zwar erfolgreich, aber ihre Arbeit erschien ihr weder sinnvoll noch wertstiftend.

Berufliche Erfüllung fand sie erst, als sie anfing, unabhängig als Business- und später auch als Geldcoachin zu beraten ‒ für viele ihrer ehemaligen Kolleg*innen nicht nachvollziehbar. Es ist noch immer sehr verbreitet, sich über Geld und Status zu definieren. Viele arbeiten um des Geldes willen ‒ dabei ist der Beruf viel mehr als Geldbeschaffungsmöglichkeit: "Wenn ich mich nur aufopfere, um materielle Gegenleistungen zu erhalten, ist das für mich die falsche Intention. Wenn ich dagegen etwas aus wahrer Hingabe mache, zum Beispiel um anderen zu helfen, erschaffe ich Mehrwert und bekomme einen anderen Bezug zu dem Geld, das ich verdiene. Wenn Menschen mir sagen, dass sie endlich verstanden haben, wie das mit dem Geld funktioniert – das ist für mich der schönste Lohn."

Darum verkauft Babett keine Finanzprodukte mehr, sondern arbeitet mit Klient*innen in Workshops und Einzelgesprächen am Money Mindset, hilft ihnen, sich einen Überblick über Einnahmen und Ausgaben zu verschaffen und Entscheidungen in puncto Geldanlage oder Altersvorsorge zu fällen. Und dabei käme es eben auf das Warum an: "Möglichst viel Geld auf dem Konto zu haben, ist kein Ziel. Wir sollten uns fragen: Warum möchten wir Geld anlegen? Zu welchem Zeitpunkt brauchen wir es? Wie soll unser Leben aussehen? Das ändert sich mit der Zeit und damit auch die Strategien", erklärt die Berlinerin, die seit Kurzem auch Finanztipps in ihrem Goldfrau-Podcast Paartherapie – Du und das Geld und auf dem dazugehörigen Blog gibt. Denn das Thema Finanzen ist nichts, was sich von allein regelt, im Gegenteil: Wir müssen selbst aktiv werden und Verantwortung für unsere Entscheidungen übernehmen, auch wenn wir gutgemeinte Ratschläge von Verwandten oder Freund*innen bekommen. "Rat würde ich nur von Menschen annehmen, die bereits das haben beziehungsweise leben, was ich mir selbst wünsche."

Keine Konsumschulden machen und nachhaltig handeln

Auf dem Weg zur finanziellen Unabhängigkeit ist es auch wichtig, Konsumschulden zu vermeiden. Also Geld, das wir nicht haben, nicht für etwas auszugeben, was wir nicht unbedingt brauchen. Auch von der Nutzung von Raten- und Finanzierungskäufen, Kreditkarten, Dispo- oder gar Minuskrediten rät die Geldspezialistin ab. Lieber sollten wir gezielt auf etwas sparen. Das klingt zwar spießig, bewahrt uns aber davor, in einen Teufelskreis aus Schulden zu geraten: "Wenn ich unbedingt sofort ein Auto brauche, kann ich das zwar finanzieren. Aber ein Neuwagen muss es nicht sein – zumal der in den ersten Jahren massiv an Wert verliert. Und vielleicht ist ja auch Carsharing die bessere Alternative?" Es sei nicht nur günstiger, sich erstmal nach etwas Gebrauchtem umzuschauen, sondern auch wesentlich nachhaltiger.

Nachhaltig sollte auch unser Finanzkonzept sein. Generell empfiehlt Babett, Geldanlagen in drei Zeitkategorien einzuteilen: in kurz-, mittel- und langfristig. Kurzfristig sind das Girokonto, mit dem wir unsere täglichen Bankgeschäfte erledigen, und das Tagesgeldkonto, auf das wir jeden Monat – am besten per Dauerauftrag – einen festen Betrag überweisen und so Rücklagen bilden, falls Auto oder Waschmaschine mal den Geist aufgeben. Mittelfristige Anlagen sind zum Beispiel der Kauf von Anleihen, in denen wir Geld bis zu fünf Jahren fest verzinst anlegen, und langfristige verschiedene Fonds und/oder der Abschluss einer Altersvorsorge, über deren Kapital wir bei Eintritt ins Rentenalter verfügen können. Zudem gibt es verschiedene Anlageklassen mit unterschiedlichen Risiken und Renditechancen wie Renten, Immobilien und Aktien.

Geldanlage und Altersvorsorge: was zu wem passt

Was am besten zu uns passt, hängt von unseren Zielen ab. Die meisten wollen sichere Anlagen mit hoher Verzinsung und täglicher Verfügbarkeit. Nur lassen sich maximal zwei dieser Aspekte vereinen, so Babett. Wenn wir also eher sicherheitsorientiert oder noch unerfahren sind, sollten wir beispielsweise nicht auf Einzelaktien, Rohstoffe wie Gold oder Kryptowährungen wie Bitcoins setzen, weil hier das Risiko besonders hoch ist ‒ wir also hohe Gewinne, aber eben auch hohe Verluste einfahren können. Weniger risikobehaftet seien breitgestreute Aktienfonds oder sogenannte ETFs (exchange-traded funds), die sich auch mit einem Sparplan, also der monatlichen Einzahlung eines bestimmten Betrags, kombinieren lassen und oft auch flexibel kündbar sind.

Fonds seien zurzeit die bessere Altersvorsorge als klassische Renten- und Lebensversicherungen, weil letztere momentan so gut wie keine Zinsen abwerfen, sodass wir – auch inflationsbedingt – selten mehr als die gezahlten Beiträge rausbekommen. Obwohl bei Aktienfonds und ETFs durch Börsenschwankungen ein größeres Risiko als bei Versicherungen besteht, seien die Gewinne dennoch höher, unter anderem weil sich Verluste über die lange Laufzeit und aufgrund der breiten Streuung auf unterschiedliche Branchen und Regionen wieder ausglichen. Darum sei es wichtig, dass wir uns von kurzzeitigen Kurseinbrüchen nicht verrückt machen lassen.

Für Anfänger*innen eigneten sich vor allem ETFs oder auch aktiv gemanagte, also von einer Fondanlagegesellschaft verwaltete Aktienfonds. Zwar fallen da meist höhere Kosten als bei ETFs an, wir benötigen aber auch weniger Know-how. Und: Wie bei Renten- oder Lebensversicherungen können wir auch bei Fondssparplänen von staatlichen Förderungen wie Riester oder Rürup profitieren oder vermögenswirksame Leistungen einfließen lassen.

Egal, für was wir uns entscheiden – wir sollten so früh wie möglich anfangen: "Viele denken, dass sie hohe Beträge in eine Anlage investieren müssen. Dabei geht das schon mit 25 Euro monatlich." Wenn die noch nicht drin seien, könnten wir Eltern oder Großeltern um Unterstützung bitten. Babetts Erfahrung nach reagieren die meisten positiv auf diesen Wunsch, weil sie stolz sind, dass der Nachwuchs sich schon früh mit diesem wichtigen Thema beschäftigt. Dennoch rät sie jungen Menschen, wenigstens einen kleinen Betrag selbst zu finanzieren – fürs gute Gefühl, selbst für die Finanzen verantwortlich zu sein.

Mit Infos und Bauchgefühl zur richtigen Entscheidung

Apropos Verantwortung: Wenn es ums eigene Geld geht, ist die natürlich groß. Darum sollten wir uns gründlich informieren. Das Internet macht es uns inzwischen leicht, auch unabhängige Infos einzuholen – zum Beispiel auf Blogs wie dem von Babett oder auf Portalen wie der Verbraucherzentrale. Zudem gibt es Seminare, Ratgeberbücher oder auch Honorarberater*innen, deren Dienste sich aber erst ab einer gewissen Investitionshöhe lohnen. Natürlich spricht auch nichts gegen ein Gespräch mit der Hausbank, wenn wir der*dem Berater*in dabei auf den Zahn fühlen.

Trotzdem werden wir feststellen, dass es in puncto Geld widersprüchliche Informationen gibt. Darum sollten wir uns auch von einem positiven Bauchgefühl leiten lassen: "Gerade wenn wir Geld eher negativ bewerten, handeln wir oft aus Angst, Gier oder Neid heraus", sagt die ehemalige Bankerin. Das seien aber die falschen Impulsgeber für finanzielle Entscheidungen. Wer sich unsicher sei, könne sich zehn Tage hintereinander die gleiche Frage stellen, in sich hineinhorchen und sich die Antwort notieren. Mit der Zeit zeichne sich eine Tendenz ab. "Geldentscheidungen sollten sich gut anfühlen. Denn wir können nicht verhindern, auch mal Fehler zu machen. Das ist okay und weniger schlimm, wenn wir aus einer positiven Intention heraus gehandelt haben."