Nur wer alle Folgen der Serie gesehen hat, durfte teilnehmen.

Als wir heute morgen in der Redaktion erfuhren, dass es an der Uni Hamburg eine Lehrveranstaltung zur Serie Game of Thrones gibt, ging ein erregtes Stöhnen durch den Raum. Diejenigen, welche die Serie lieben, buchten bereits imaginäre Zugtickets nach Hamburg und überlegten sich, wie sie sich schnellstmöglich immatrikulieren könnten. Zu früh gefreut, denn anders, als einige Medien in den vergangenen Tagen berichteten, wird das Seminar gar nicht mehr angeboten.

Game of Thrones (GoT) ist eine dieser Serien, die man entweder liebt oder nicht kennt, aber die Zahlen sprechen für ihren Erfolg. Vor gut drei Wochen begann in den USA die Ausstrahlung der siebten und vorletzten Staffel von GoT. Daenerys Targaryen, die Drachenmutti mit den 17 weiteren Namen, setzt gerade alles daran, ihren Hintern dorthin zu pflanzen, wo Cersei Lennister (Shame!) festgenagelt sitzt: auf den eisernen Thron. Wer diesen letzten Satz nicht versteht, hat zwar einiges verpasst, aber darum soll es hier nicht gehen. Tatsache ist: Die Show ist sehr, sehr erfolgreich. Seit 2014 ist es die meist gesehene Show des US-Fernsehprogrammanbieters HBO, allein die Premiere der siebten Staffel sahen 16,1 Millionen Zuseher*innen, die wiederum 2,4 Millionen Tweets absetzten.

"Game of Thrones – Das Mittelalter in der Gegenwart"

Darum ist es nicht verwunderlich, dass die Serie mittlerweile auch auf akademischer Ebene behandelt wird. Barbara Müller, Professorin für Kirchen- und Dogmengeschichte, und Christoph Dartmann, Professor für mittelalterliche Geschichte an der Universität Hamburg boten bereits vergangenes Sommersemester das interdisziplinäre Projektseminar "Game of Thrones – Das Mittelalter in der Gegenwart" an.

Das Seminar war allerdings keine reine Showverehrung, in der sich Fans gegenseitig vorschwärmen, wie gut die Serie ist. Die Lehrenden setzten sich kritisch mit der Serie auseinander und räumten mit den unzähligen Mittelalter-Klischees auf, die in der Show vermittelt werden. Ziel war es, die fiktive Welt des GoT-Erfinders und Buchautors George R.R. Martins mit der realen Welt der Geschichtswissenschaften zu verbinden. Müller und Dartmann in der Rolle der Expert*innen für das Mittelalter, die Studierenden in der Rolle der Expert*innen für die Bücher und TV-Staffeln.

Dartmann selbst ist bekennender Kritiker der Serie. Im Gespräch mit ze.tt erzählt er, dass er weder ein Fan von Historienfilmen oder -romanen noch von Fantasy sei. Auch GoT hätte daran nichts geändert. "Ich finde die Filme in Teilen ziemlich abstoßend, ansonsten vor allem verwirrend. Mein Eindruck ist, dass die fehlende Tiefe der Charaktere und die fehlende Raffinesse in der Ausgestaltung der Handlung davon übertüncht werden, dass immer neue Figuren und Plots eingewoben werden", sagt er.

GoT voller Mittelalterklischees

In Dartmanns Augen hat GoT wenig mit der Realität im Mittelalter zu tun. Die vielen Mittelalterklischees (Ritter, Vasallen, Ehre, Wappen, Turniere, Gewalt, Fanatismus, Folter, Schmutz, schlechte Tischmanieren) würden in der Serien funktionieren, weil sie beliebig abgerufen werden könnten. In dem Seminar stellten er und seine Kollegin Müller diese Klischees in Frage. "Ich tue mir damit schwer, wie explizit brutaler Sex und andere Gewalttaten, aber auch seelische Grausamkeiten als Unterhaltungsangebote vermarktet werden", sagt er zu ze.tt. Mehr als Unterhaltung sollte man daher nicht von der Serie erwarten. Eine Einschätzung, die viele Hardcore-Fans wohl nur schwer verdauen können.

Trotzdem und zum Glück konnte er den Studierenden damit nicht die Freude an GoT nehmen. Das Interesse und das Engagement der Studierenden seien sehr groß gewesen. Auch weil das Kloster Nütschau, ein Benediktinerkloster in der Nähe von Bad Oldesloe, in dessen Seminarraum die Blockveranstaltung stattfand, das richtig Setting generierte und sich die Teilnehmer*innen in der Zeit zurückversetzt fühlen konnten. Wegen des kleinen Seminarraums in Nütschau konnten allerdings nur 30 Glückliche am Seminar teilnehmen. Momentan arbeiten die Studierenden gemeinsam mit den Profs an einem Buch, das die Ergebnisse des Seminars beinhalten wird.

Für diejenigen, denen vor Vorfreude auf das nächste Semester schon die Knie kribbeln, gibt es leider schlechte Nachrichten. Im Gegensatz zur allgemeinen Berichterstattung verneint Dartmann gegenüber ze.tt, dass das Seminar nächstes Semester wiederholt wird. Grund dafür sind das begrenzte Personal und der hohe zeitliche Aufwand. Ihr seid enttäuscht? Sagt es wie The Hound: "Fuck the Kingsguard. Fuck the city. Fuck the King."