Es ist noch immer so wie in Charlie Chaplins Film Modern Times von 1936: Menschen, die aus einem U-Bahn-Schacht strömen und dabei aussehen wie eine Herde Schafe. Sie eilen zur Arbeit – wohin auch sonst? Jeden Tag zur gleichen Zeit am gleichen Ort das Gleiche tun. Fünf Tage die Woche, von neun bis 18 Uhr. Muss das wirklich sein?

Laufende Forschung der Universität Oxford legt nahe, dass wir in vier Tagen so produktiv sein können wie normalerweise in fünf. Im Umkehrschluss heißt das: Her mit dem Drei-Tage-Wochenende! "Die Viertagewoche ist genau die richtige Mitte zwischen der Verbesserung der Work-Life-Balance und dem Freisetzen von Zufriedenheit in Form von Produktivitätssteigerung", sagt der beteiligte Wissenschaftler Jan De Neve laut BBC.

Wer weniger arbeitet, arbeitet also eigentlich mehr. Klingt komisch, ist aber so.

Mehr Schwung, weniger Stress

Jan De Neve untersucht in seiner Forschung die Zusammenhänge zwischen glücklichen Angestellten, Produktivität und Kundenzufriedenheit. Der Verhaltensökonom meint, dass die Zufriedenheit und Erholung aus einem zusätzlichen freien Tag mögliche negative Effekte aufwiegen. "Wenn man seinem Job und seinem Leben positiver gegenübersteht, kann man produktiver sein", sagt De Neve.

Mehr Schwung, mehr Energie, bessere Laune und dadurch höhere Konzentration und weniger Zeitverschwendung bei der Arbeit – klingt durchaus plausibel.

Dabei sparen die Unternehmen langfristig Geld, weil zufriedene Angestellte seltener kündigen. Neue Mitarbeiter*innen zu finden und einzuarbeiten, ist nun mal ziemlich teuer. Und laut De Neves Forschung ist für die meisten Menschen eine gute Work-Life-Balance das Wichtigste – wenn die dauerhaft nicht stimmt, gehen sie irgendwann.

Vision mit Problemen

Der Ansatz, die Arbeitswoche zu verkürzen, ist an sich nicht neu: Unter anderem in Schweden, Neuseeland und Island gab es in der vergangenen Zeit verschiedene Experimente damit. Sie kamen im Hinblick auf Produktivität zu ähnlichen Ergebnissen wie die Oxford-Forscher*innen. In den Praxis-Tests traten allerdings auch ein paar Komplikationen auf.

Zum Beispiel kann eine verkürzte Arbeitswoche schwierig sein, wenn Kund*innen daran gewöhnt sind, das Unternehmen zu den gewöhnlichen Öffnungszeiten zu erreichen und dann am Freitag oder Montag niemand ans Telefon geht. Auch Zusammenarbeit über Zeitzonen hinweg kann durch ein Drei-Tage-Wochenende kompliziert werden.

Man muss auch ein bisschen wollen

Doch dafür gäbe es Lösungen, beispielsweise Schichtdienst mit Kernarbeitszeiten. Beim Drei-Tage-Wochenende könnte die eine Hälfte montags frei haben, die andere freitags. Anders gesagt: Wo ein Wille ist, ist auch eine verkürzte Woche. Genau daran hapert es aber noch oft; wir hängen offenbar an der Vorstellung des*r ewig fleißigen und erst dadurch wertvollen Arbeiter*in. Wer nur vier Tage die Woche arbeitet, muss doch irgendwie faul sein – oder?

Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir die verkrusteten Arbeitszeitmodelle aus dem vergangenen Jahrhundert endgültig aufbrechen. Die ersten Schritte werden gerade gemacht. Auch Jan De Neve ist überzeugt, dass verkürzte Arbeitszeit immer weniger starke Auswirkungen haben und immer besser in den Job-Alltag integriert wird: "Es gibt diese Möglichkeiten schon und sie werden von mehr und mehr Angestellten genutzt. Das ist längst keine Spielerei mehr."

Ob es letztlich der kürzere Arbeitstag oder das Drei-Tage-Wochenende wird, ist nicht so wichtig – Hauptsache, mehr Zeit zum Leben.