Ist unser Umgang mit Drogen wirklich zeitgemäß? Wir sollten Nutzung und Stigmatisierung der verschiedenen Substanzen mehr hinterfragen.

"Wir sind durch die Natur gewandert, haben uns gegenseitig mit Farbe angemalt und die ganze Zeit gekichert. Am schönsten fand ich die visuellen Effekte: Die Bäume haben getanzt und das Blätterwerk war wie ein Kaleidoskop, das sich in unendlichen Grüntönen gespiegelt hat."

Als meine Freundin mir euphorisch von ihrem ersten LSD-Trip erzählte, war ich zunächst skeptisch. Eine Droge, die bis zu 14 Stunden wirkt und Halluzinationen hervorruft – das ist doch wirklich nicht ohne Vorsicht zu genießen. Was passiert, wenn man in einen Horrortrip rutscht? Wenn die Wahrnehmungsstörungen bedrohlich werden?

Meine Freundin winkte ab: Sie hatte die gleichen Bedenken, aber das Setting in der Natur, der Freundeskreis und die Tatsache, dass sie ausschließlich LSD konsumiert hat, hätten ihr einen unglaublich schönen Trip beschert. "Wie mit allen Drogen", sagt sie, "muss man eben verantwortungsvoll damit umgehen."

Tun wir das eigentlich, so ganz grundsätzlich? Gehen wir verantwortungsvoll mit Drogen um?

Andere Länder, andere (Drogen-)Sitten

In Deutschland machen wir es uns bei diesem Thema recht leicht. Harte Drogen sind verboten – und alles andere kann ja nicht so schlimm sein, sonst wäre es schließlich nicht legal. Dass dieses Schwarz-Weiß-Denken längst überholt ist, zeigt nicht nur die aktuelle Debatte über eine mögliche Cannabis-Legalisierung, sondern vor allem die Drogenpolitik anderer Länder.

Portugal hat sich bereits 2001 mit dieser Frage auseinandergesetzt und sämtliche Drogen für den Eigenbedarf entkriminalisiert. Wer trotzdem mit mehr als dem Eigenbedarf erwischt wird, muss eine Therapie machen. Dort wird die Ansicht vertreten, dass Drogenmissbrauch durch sozioökonomische und psychische Missstände entsteht.

Portugal erzielte durch die revolutionierte Drogenpolitik und entsprechenden Präventionsmaßnahmen einen Rückgang in der HIV-Rate unter Drogenkonsument*innen, weniger Drogentote sowie einen Rückgang in der Zahl der minderjährigen Konsument*innen. Das Land ist also trotz aller Befürchtungen und Unkenrufe nicht im Drogensumpf versunken.

In den Niederlanden gibt es die Möglichkeit, Drogen anonym testen zu lassen. Dadurch können die einzelnen Bestandteile und ihre Stärke aufgeschlüsselt werden, um Verunreinigungen auszuschließen. Denn häufig sind es nicht die Drogen selbst, die gefährlich sind, sondern die unsauberen Zusatzstoffe und Unvorsichtigkeit. Der Konsum harter Drogen ist zwar immer noch eine Straftat, doch somit wird zumindest ein verantwortungsvoller Umgang ermöglicht. Auch im österreichischen Wien können Menschen seit 20 Jahren auf Partys ohne Sorge vor Strafen Drogen testen lassen, die sie vorhaben zu nehmen

Hierzulande wird Drogenkonsum lieber verteufelt – mit einer Ausnahme

Zurück nach Deutschland, wo Drogen noch immer illegal sind. Doch stimmt das überhaupt? Alkohol nämlich wird selten als Droge aufgezählt – sondern eben als Alkohol. Er ist legal, überall erhältlich, sozial akzeptiert und sogar für Minderjährige zugänglich. Statistiken zeigen unmissverständlich, wie die gefährlich diese Droge ist: Jeden Tag sterben in Deutschland 202 Menschen an den Folgen ihres riskanten Alkoholkonsums. In dieser Zahl sind noch nicht die Unfälle aufgrund von Alkohol eingerechnet. Über 4,3 Millionen Menschen in Deutschland sind alkoholabhängig. Vier Komma Drei Millionen.

Wenn jeden Tag 202 Menschen an den Folgen ihres Alkoholkonsums sterben und 4,3 Millionen Menschen abhängig sind, dann wird es womöglich Zeit einmal ernsthaft über unseren Umgang mit Drogen zu reden. Und vor allem Alkohol genauso kritisch zu betrachten wie LSD und andere Substanzen. Zur Veranschaulichung über diese Prioritätenverschiebung noch ein paar Fakten: Alkohol ist ab 3,5 Promille lebensbedrohlich. Der Körper baut Alkohol nur extrem langsam ab – 0,13 Promille pro Stunde bei Frauen und 0,15 Promille bei Männern – und es besteht die Gefahr einer sogenannten gefühlten Nüchternheit. Alkohol ist ein Zellgift, das alle Zellen des Körpers schädigen kann. Es besteht das hohe Risiko einer körperlichen und psychischen Abhängigkeit.

Weil Alkohol aber legal und aus unserer Gesellschaft kaum wegzudenken ist, kehren wir diese Gefahren viel zu gerne unter den Tisch. Meine Freundin erzählte mir, dass sie mit ihren Freund*innen nach ihrem LSD-Trip noch eine Reflexionsrunde gemacht hat, in der sie über die Effekte, Nebenwirkungen und Ängste gesprochen haben.

Wann haben wir das mal nach einem Alkoholrausch getan?

Ich möchte keinen direkten Vergleich zwischen Alkohol und LSD ziehen, um die vermeintlich bessere oder ungefährlichere Droge zu küren. Doch bei meinen Recherchen zu der halluzinogenen Droge ist mir im Gedächtnis geblieben, dass sie weder abhängig macht noch lebensgefährlich ist.

Warum ist die eine Droge legal, während die andere illegal ist? Es gibt kein Schwarz und Weiß mehr in der bunten Welt der Drogen. Wir müssen selbst die Verantwortung für unseren Drogenkonsum übernehmen. Persönlich und politisch. Vielleicht könnten wir uns dabei ja ein Vorbild an Ländern nehmen, die dieses Thema anders behandeln.