Brennende Autos, Straßenbarrikaden und Plünderungen: Knapp 140.000 Menschen haben nach Angaben des französischen Innenministeriums am Wochenende in verschiedenen Städten in Frankreich gegen die Reformpolitik von Staatspräsident Macron demonstriert. Besonders das Zentrum der Hauptstadt Paris wurde erneut zum Schauplatz von Chaos und Gewalt. Die sogenannten Gelbwesten stürmten nach der Bastille und dem Platz der Republik nun auch den Siegesbogen. Die Skulptur der Nationalfigur Marianne wurde dabei beschädigt. Mehr als 130 Menschen sollen bei den Protesten verletzt worden sein, über 400 wurden festgenommen. Premierminister Édouard Philippe zeigte sich schockiert über die "selten gesehene Gewaltbereitschaft".Emmanuel Macron nahm den direkten Weg vom G20-Gipfel aus Argentinien zum Arc de Triomphe in Paris. Neben gesprühten Schriftzügen wie "Endzeit des Regimes" und "Die Gelbwesten triumphieren" legte er am Sonntag eine Gedenkminute vor dem Grab des unbekannten Soldaten ein – vor wenigen Wochen hatte er hier noch Staatschef*innen aus aller Welt zum offiziellen Gedenken des Endes des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren empfangen. Doch wer sind die Gelbwesten und was wollen sie?

Diffuse Gruppe vereint durch die Wut auf Macron

Die in gelbe Warnwesten gekleideten Französ*innen protestieren seit Wochen gegen hohe Spritpreise sowie die geplante Ökosteuer auf Diesel und Macrons Reformpolitik. Sie mobilisierten sich über Facebook-Seiten. Die Bewegung besteht nicht nur aus Menschen einer bestimmten Klientel; ihre Mitglieder scheinen aus sämtlichen Gesellschaftsschichten zu stammen. Ihre Organisation ist zudem undurchsichtig, keine Gewerkschaft und keine Partei stehen hinter der Bewegung. 

Laut Innenminister Christophe Castaner versammelten sich in Paris in den vergangenen Wochen mehrere Tausend Personen, darunter auch Mitglieder rechts- und linksextremer Gruppen. Im westfranzösischen Angers wurde vor zwei Wochen ein 45-Jähriger in gelber Weste festgenommen. Er trug Sprengstoff am Körper und wollte laut Behörden ein Treffen mit dem Präsidenten erzwingen.

Präsident Macron fordert nun Gespräche mit den Gelbwesten

Nach einer Umfrage unterstützen drei Viertel der Französ*innen die sogenannten Gelbwesten und halten die Proteste für gerechtfertigt. Viele Unterstützer*innen befürchten aber, dass die Bilder des Ausnahmezustands, der Verwüstung und des Chaos der Bewegung und ihrer Forderung nach mehr Gerechtigkeit schaden könnten. Präsident Macron reagierte zunächst mit Schweigen, dann mit Empörung auf die Ausschreitungen: "Schande über jene, die die Sicherheitskräfte angegriffen haben, Schande über jene, die anderen Staatsbürgern und Journalisten gegenüber gewaltsam geworden sind", schrieb er auf Twitter. Inzwischen sagte Macron jedoch zu, die umstrittene Ökosteuer anzupassen.

Nun fordert der Präsident Gespräche mit den Gelbwesten. Das erste Zusammentreffen soll bereits am Montag stattfinden, teilte das Büro von Premierminister Édouard Philippe mit. Teilnehmen sollen auch die Chefs der im Parlament vertretenen Parteien und Anne Hidalgo, Bürgermeisterin von Paris. Den Demonstrant*innen geht es inzwischen längst nicht mehr nur um Preiserhöhungen. Sie fordern außerdem eine Anhebung von Mindestlohn und Renten. Und ihr Protest richtet sich gegen Macron persönlich, fordert sogar seinen Rücktritt. Ihre Kritik: Macron sei ein Präsident der Reichen.