Seit zehn Jahren kürt der Wettbewerb Mut zur Wut kreative politische Plakate. 69 davon sind nun in den Reinbeckhallen in Berlin zu sehen.

Auf den ersten Blick sieht es aus, als würde das Plakat für einen Reiseanbieter werben. Das Motiv zeigt einen Strand, bunte Sonnenschirme, Menschen in Badeklamotten, am Himmel zieht ein Flugzeug vorbei, darunter steht der Spruch: "Den Alltag hinter sich lassen." Doch am linken Bildrand schiebt sich etwas in die Szenerie, das mit dem Sommerurlaubs-Idyll bricht: ein Gummiboot, besetzt mit Menschen in orangefarbenen Rettungswesten.

Auf dem Plakat prallen zwei Extreme aufeinander: der Wohlstand Europas mit Menschen, die vor Krieg, Verfolgung oder Not fliehen. Für letztere bekommt der Spruch "Den Alltag hinter sich lassen" eine ganz andere, bittere Bedeutung.

Das Plakat stammt von Laura Lauber aus dem Jahr 2016. Es gehört zu den prämierten Plakaten des Wettbewerbs Mut zur Wut. Seit zehn Jahren kürt die Jury des Wettbewerb unter allen Einsendungen die 30 kreativsten politischen Plakate.

Kreative können sich ein beliebiges Thema suchen – Vorgabe ist lediglich, dass das Motiv einen kritischen, sozialen, politischen oder persönlichen Inhalt hat. Die 30 prämierten Poster werden im öffentlichen Raum plakatiert und sollen dort für Diskussion und Aufsehen sorgen. Eine Auswahl der besten Plakate, die in den letzten zehn Jahren den Wettbewerb gewannen, ist nun vom 8. Februar bis 15. März in den Reinbeckhallen in Berlin zu sehen.

Kennen Sie Afrika?

Neben dem Plakat von Laura Lauber ist dort auch das von Tamara Wirth zu sehen. Ihr Ausmalbild zeigt eine Pistole, die mit krakeligen Buntstiften verschönert wurde, daneben steht in unbeholfener Kinderschrift der Name "Paul". Das Plakat thematisiert Polizeigewalt gegen die schwarze Bevölkerung der USA. 2014 wurde der zwölfjährige Schüler Tamir Rice von zwei Polizisten erschossen, nachdem er mit einer Spielzeugpistole gespielt hatte. Wirth widmete ihm das Plakat.

Ein anderes Plakat zeigt eine Karte des afrikanischen Kontinents. Die Länder sind eingezeichnet, jedoch steht in allen Ländergrenzen das Wort "Afrika". Die Künstlerin Ulrike Würfel kritisiert darin das undifferenzierte Bild des Kontinents. Es sei der zweitgrößte Kontinent der Erde, auf dem über eine Milliarde Menschen in 54 verschiedenen Ländern lebt. Und doch sei die Rede immer wieder nur von "Afrika", als gäbe es bloß eine einheitliche Identität.

Die in den Reinbeckhallen ausgestellten Plakaten vermitteln weder noch erklären sie – sie klagen an. Daher lautet der Name Ausstellung "Wut an den Wänden".