Der 27 Jahre alte Simon Wiefels verdient sein Geld mit Videos, die er auf YouTube veröffentlicht. Den meisten ist er als einer der wichtigsten Vertreter*innen des Let's-Play-Genres im deutschsprachigen Raum bekannt. Er filmt sich also für zurzeit 2,2 Millionen Zuschauer*innen dabei selbst, wie er Videospiele spielt.

Wiefels hat aber auch einen zweiten YouTube-Kanal, Unge, eine Art Videotagebuch, in dem er seine Zuseher*innen in seinen Alltag und seine Gedankenwelt mitnimmt. Einer dieser Meinungsbeiträge löst gerade Entrüstung im Netz aus. Der Grund: Unge bezeichnet darin Milch als Gift.

In dem Clip sitzt er am Elbstrand in Hamburg und lässt uns wissen, dass Kanada gerade seine Ernährungsrichtlinien überdenkt. Womöglich würden Milchprodukte aus der Ernährungspyramide gestrichen. In den folgenden sechs Minuten erklärt er, warum Milch uns krank mache und wir alle Opfer eines riesigen, Milchkonsum-propagierenden Überplans seien.

Hier sind ein paar von Unges schwindligen Zitaten:

  • "Wenn ihr mindestens zweimal täglich Milch oder Milchprodukte esst, dann macht ihr euch krank."
  • "In Europa, Deutschland und Frankreich ist die Milchlobby extrem stark, ihr könnt euch das wie eine Verschwörungstheorie vorstellen. Wir werden systematisch krank gemacht."
  • "Es gibt unfassbar viel Milchpropaganda."
  • "In der Grundschule bei mir so: Oah, der hat gar keine Milch. Opfer!"
  • "Milch ist Gift."
  • "Schaut auf euch auf YouTube an, warum Milch ungesund ist."
  • "Ich weiß, das klingt für Omnivoren fast unglaublich zu begreifen."
  • "Bitte bleibt sachlich."
  • "Kanada, respect!"

Unge nutzt seine Reichweite, um Unsinn zu verbreiten

Unges Antipathie gegen Milch ist keine Überraschung: Der YouTuber ist Veganer, was er bereits in einer Vielzahl seiner Videos zum Thema machte. Mit seinem neuen Beitrag entfacht er nun die ewig alte Debatte über die sogenannte Milchlüge neu. Demnach ist es ein Mythos, dass Milch wichtig für Knochen und das Wachstum sei. Milch sei vielmehr ungesund, wenn nicht sogar schädlich. Oder, wenn es nach Wiefels geht, eben Gift.

Mehrmals lässt er diesen Dreiwortsatz fallen, "Milch ist Gift!", was selbstredend Verfechter*innen beider Lager auf den Plan rief. Auf Twitter trendete kurzzeitig der Hashtag #MilchistGift, auf YouTube veröffentlichten andere YouTuber*innen Antwortvideos – und jetzt schreibt auch mindestens ein Onlinemagazin darüber.

Die einen stimmen Wiefels zu und freuen sich, dass endlich ein erfolgreicher YouTuber seine Reichweite nutzt, um über Missstände aufzuklären. Die anderen facepalmen und beschweren sich, dass ein erfolgreicher YouTuber seine Reichweite nutzt, um Unsinn zu verbreiten.

Wie ungesund Milch ist, bleibt ungeklärt

Wiefels beruft sich auf einschlägige Studien und auf die Entscheidung Kanadas. Wenn ein ganzes Land Milch aus seinen Ernährungsempfehlungen streicht, könne es doch nicht unrecht haben. "Kanada möchte nicht mehr, dass ihre Bevölkerung krank ist, Kanada möchte in Zukunft gesunde Menschen in ihrem Land haben und keine kranken Menschen, die mit Hormonen und Antibiotika vollgepumpt werden." Mit seiner reißerischen Art trifft er sicher ins Schwarze vieler hypochondrischer Herzen, aber fundiert ist daran wenig.

Die Debatte ist insofern unnötig, da es nach wie vor keine allumfassende Antwort auf die Wirkungsweise von Milch gibt. Ja, es existieren Studien, nach denen ein erhöhter Milchkonsum zu mehr Knochenbrüchen und manchmal sogar zu einer erhöhten Sterblichkeitsrate führen. Es gibt aber ebenso viele Studien, die wiederum belegen wollen, wie vorteilhaft Milch für die Gesundheit und den Körper sei.

Wiefels gibt in seinem Video aber nur eine Argumentationslinie wieder. Es ist schon besorgniserregend, dass er einem vornehmlich jungen Publikum seine ungefilterte Meinung als Tatsache verkauft.

Und das Netz? Veräppelt Unge!

Das Internet macht unterdessen das, was es am besten kann: sich lustig. Neben sachlichen Diskussionen gibt es vor allen Dingen auch Postings, die Weifels verschwörerische Haltung zum Thema veräppeln. Hier sind einige Beispiele:

Update

Mittlerweile veröffentlichte Wiefels ein zweites Video zum Thema, in dem er seine anfänglichen Aussagen ein wenig relativiert. Er sagt, dass "zum jetzigen Standpunkt mehr Studien für einen Milchkonsum, vor allem im Kindesalter, sprechen als dagegen". Er gibt zudem zu, dass sein mehrmals erwähntes "Milch ist Gift" absichtlich provokant gewesen sei. Von der Aussage rückt er dennoch nicht ab. In seiner Argumentation konzentriert er sich jetzt aber überwiegend auf Themen wie Tierausbeutung und CO₂-Ausstoß.