Influencer*innen sind die neuen Promis. Ihre Youtube-Videos oder Instagram-Stories erreichen Millionen von Menschen. Viele verwenden ihre Reichweite nicht nur dafür, Produktempfehlungen abzugeben oder über die neusten Gamingtrends zu philosophieren, sondern auch um auf politische Missstände hinzuweisen. Julien Bam engagiert sich beispielsweise für UNICEF, Gronkh für das Organisationsbündnis Deutschland hilft und Rezo hat die verfehlte Klimapolitik der Goßen Koalition kritisiert.

Es gibt jedoch auch Youtuber*innen, die ihre Reichweite missbrauchen. Die bei dem Streben nach möglichst hohen Klickzahlen verantwortungslose und unethische Wege gehen. Zum Beispiel der spanische Youtuber ReSet oder Kanghua Ren, wie er mit bürgerlichem Namen heißt. Dieser hatte 2017 als 19-Jähriger ein Prankvideo gedreht.

Oreo-Kekse mit Zahnpasta

In diesem schenkte er Gheorge L., ein etwa 50-jähriger obdachloser Mann aus Rumänien, eine Packung Oreo-Kekse zusammen mit einem 20-Euro-Schein. Die süße Creme hatte er jedoch zuvor entfernt und mit Zahnpasta ersetzt. Die Idee für diesen Prank stammte von einem von Rens 1,2-Millionen Follower*innen. Das Video, das das Geschehen zeigte, lud Ren auf Youtube hoch.

Das entwürdigende Video hatte Konsequenzen. Die Tochter von Gheorge L. erstatte Anzeige. Vor Gericht gab Gheorge L. an, dass er sich von den Keksen übergeben musste. Ren wurde diese Woche verurteilt. Das Video verletze die moralische Integrität von Gheorge L., zitiert die spanische Tageszeitung El País die Begründung der Richterin. Ren würde außerdem keine Reue zeigen und habe nur aus Imagegründen, nachdem Kritik an seinem Video laut geworden war, Zeit mit dem Betroffenen verbracht. Die Strafe ist eine 15-monatigen Haft, 20.000 Euro Schadensersatz und ein fünfjähriges Youtubeverbot.

Dass Ren die Haftstrafe tatsächlich absitzen muss, gilt als unwahrscheinlich. Der New York Times zufolge ist es in Spanien in vielen Fällen üblich, dass Menschen, die zum ersten Mal gegen das Gesetz verstoßen, eine Haftstrafe von unter zwei Jahren für gewaltfreie Verbrechen nicht antreten müssen.

Medienberichten zufolge soll Ren mit dem Video etwa 2.000 Euro durch Werbung verdient haben. Mittlerweile hat der Youtuber es von der Plattform gelöscht. In der Originalversion soll er eingeräumt haben, zu weit gegangen zu sein, so die New York Times. Dem habe er jedoch hinzugefügt: "Das wird ihm (Gheorge L.) helfen, seine Zähne zu putzen. Ich glaube, er hat sie nicht mehr geputzt, seitdem er arm geworden ist."

Kunst oder Straftat?

Auch andere Influencer*innen überschreiten mit ihren Videos Grenzen des Humors. Zum Beispiel der Youtuber ApoRed, der eigentlich Ahmad Ahadi heißt. Er hatte in der Öffentlichkeit so getan, als würde er eine Bombe werfen. Passant*innen rief er zu: "30 Sekunden habt ihr alle Zeit, lauft lieber, wenn euch euer Leben etwas wert ist!" 2017 wurde er dafür zu einer Bewährungsstrafe von sieben Monaten und 200 Sozialstunden verurteilt.

Julien, der den Youtube-Kanal JuliensBlog führt, wollte sich 2016 über den Bahnstreik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) lustig machen und tat dies mit folgenden Worten: "Vergasen sollte man diese Mistviecher. Wisst ihr noch, wie die Juden in Zügen nach Auschwitz transportiert wurden? Man sollte die Zugführer alle dahin bringen. Ich fahr auch den Zug, und zwar umsonst – und werde nicht einmal streiken."

Dass diese Aussagen nicht witzig, sondern ein Straftatbestand sind, weil sie die Zeit des Nationalsozialismus verharmlosen und deren Opfer verhöhnen, beschloss das Amtsgericht Tecklenburg. Julien wurde zu acht Monaten auf Bewährung sowie 15.000 Euro Strafe verurteilt.