Wir leben auf dem einzigen Kontinent der Welt, auf dem die Zahl der Neuinfektionen des HI-Virus weiter ansteigt. Davor warnt ein Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO). In der Region Europa wurden im vergangenen Jahr 160.000 neue HIV-Fälle diagnostiziert. Die WHO zählt allerdings zu Europa auch einige asiatische Staaten wie Russland.

Wie viele Menschen sich tatsächlich infiziert haben, ist nur schwer zu bestimmen. Die Zahl der Neudiagnosen sagt lediglich aus, bei wie vielen Menschen das Virus entdeckt wurde – die tatsächliche Zahl neu Infizierter ist vermutlich höher.

Der Bericht zeigt, dass sich eine HIV-Epidemie in der Europäischen Region verbreitet. Das betrifft vor allem den östlichen Teil, in dem fast 80 Prozent der 160.000 neuen HIV-diagnostiziert wurden. "Dies ist die höchste Anzahl an neuen Fällen, die jemals in einem Jahr verzeichnet wurden. Wenn dieser Trend anhält, können wir das Ziel die HIV-Epidemie bis 2030 zu beenden, nicht erreichen", warnt Zsuzsanna Jakab, WHO-Regionaldirektorin für Europa.

Zudem würden Infektionen zu spät diagnostiziert werden. "Im Schnitt dauert es drei Jahre von der Infektion bis zur Diagnose – was viel zu lang ist", sagt Andrea Ammon, Direktorin des Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC). Die späte Diagnose verschlechtere die Therapieaussichten drastisch und erhöhe das Risiko, andere damit ebenfalls anzustecken. Je früher die Infektion erkannt werde, desto größer seien die Chancen mithilfe von Medikamenten ein gesundes Leben zu führen. Bei später Therapie hingegen steige das Risiko, dass sich aus der Infektion die Immunschwächekrankheit Aids entwickle.

13.000 Menschen in Deutschland haben keine Ahnung HIV-positiv zu sein

In Deutschland ist die Entwicklung nicht ganz so dramatisch wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts haben aber etwa 14 Prozent aller Träger*innen des Virus keine Ahnung von ihrem Status. Das sind fast 13.000 Menschen.

Um sich gegen eine Infektion zu schützen, kann neben Kondomen auch die sogenannte Präexpositionsprophylaxe, kurz PrEP, helfen. Diese Tablette nimmt man im gesunden Zustand einmal täglich ein. Sie verhindert eine Infektion mit dem Virus. Seit 2016 ist die Methode in der EU zugelassen. Die Kosten von rund 50 Euro im Monat müssen Interessierte in Deutschland allerdings immer noch selbst tragen, im Gegensatz etwa zu Frankreich.