Am Sonntag war Bundestagswahl. Wir haben für euch ausgecheckt, wie die Wahlpartys der Parteien waren.

SPD – 18 Uhr, Team ?

Die Party erinnerte an: Kennt ihr das Oktoberfest, das größte Volksfest der Welt? Mit Bierbänken, Zelten, Musik, betrunkenen Leuten? Es war so ähnlich, nur in depressiv. Auf den Bierbänken in den Austellzelten saßen frustrierte Menschen mit furchigen Gesichtern, die das Wahlergebnis widerspiegelten. Grundsätzlich war es eine eher traurige Angelegenheit. Gefühlt war mehr Presse als Partei-Unterstützer*innen da, lange blieb wohl niemand. Gewundert hat es uns nicht, hat doch die SPD das schlechteste Ergebnis

seit ihres Bestehens erhalten.

Wahlerfolgsschätzung: Stimmungstechnisch hatte man das Gefühl, die SPD hätte den Einzug in den Bundestag verpasst.

Tatsächliches Ergebnis: Zum jetzigen Stand haben die Sozialdemokrat*innen 20-Komma-irgendwas Prozent erhalten. Das schlechteste Wahlergebnis aller Zeiten. Wie gesagt: Trauerspiel. Wenn es überhaupt je so etwas wie einen Schulz-Zug gab, war spätestens jetzt klar, dass er abgefahren ist.

Musik: Hahaha … nein.

Schnittchen: Es gab Currywurst und Schupfnudeln für wenig Geld und die haben auch geschmeckt. So lange, bis uns unser Sitznachbar erklärte, wie gefährlich das Wahlergebnis sei. Dann kam ein Hitlervergleich und die Currywurst schmeckte schlagartig nicht mehr.

Alkohol: Wein und Bier für okayes Geld. Grund zu trinken gab es auf jeden Fall. Vor den Getränkezelten standen Menschenschlangen, die nach Alkohol lechzten. Irgendwo musste der Frust ja hin.

Location: Willy-Brandt-Haus, eh klar. Unsere Rucksäcke wurden genau kontrolliert, unsere privat erstandene Flasche Berliner Luft haben sie nicht gefunden.

Highlight des Abends: Auftritt Schulz, der versuchte, Hoffnung zu geben. Oft gefolgt von intensivem Mitleidsapplaus. Eine Dame schrie einmal laut: MARTIN! Die Stimmung ging ein bisschen hoch, als Schulz seinen Genoss*innen versprach, die große Koalition nicht fortzuführen und in die Opposition zu gehen. Ein Highlight, das den Namen nicht verdient.

Notizen: Symbolisch für die Wahlparty: dreckige, rote Luftballons mit der Aufschrift "Schulz 2017" auf dem Boden. Keine*r wollte sie.

CDU/CSU – 18 Uhr, Team ?

Die Party erinnerte an: Es war ja fast zu erwarten. Bei der CDU/CSU ging es gemäßigt zu. Bei der Location setzte die Fraktion auf Altbewährtes, die Bundesgeschäftsstelle der CDU im Konrad-Adenauer-Haus. Um alle Anzugträger*innen unterzubringen, wurde davor noch ein Bierzelt aufgespannt. Die Stimmung insgesamt lässt sich wohl am ehesten als ein spießiges Oktoberfest bezeichnen, rund 70 Prozent Männer, davon rund 99 Prozent im Anzug, ein Prozent in Tracht. Wer’s mag.

Wahlerfolgsschätzung: Noch mal Merkel? Die Wahlprognosen für die CDU/CSU sahen mit einem Ergebnis um die 35 Prozent nicht schlecht aus.

Tatsächliches Ergebnis: Das tatsächliche Ergebnis mit 32,9 Prozent (Stand 22:46 Uhr) ist das schlechteste seit 1949, aber dennoch ein Erfolg für die CDU/CSU. Merkel bleibt Merkel bleibt Merkel.

Musik: existierte bei dieser Party nur im Kopf. Vielleicht haben wir aber auch nur die Blaskapelle verpasst?

Schnittchen: Beim Buffet blieb die CDU/CSU ihren Werten treu: Vom Schwarz-Rot-Gold-Burger bis Käsespätzle waren Gerichte von einem Deutschland, in dem wir gut und gerne essen, vertreten.

Alkohol: Wein, Bierchen, Wasser. Für einen soliden Abend stand alles bereit. Wären wir noch länger geblieben, hätten wir bestimmt noch den ein oder anderen Bierbauchtanz miterlebt. Nicht.

Location: Das Konrad-Adenauer-Haus ist jetzt nicht gerade das neue Berghain. Aber zu einem schunkeligen Wahlabend passte es gut.

Highlight des Abends: Gespräch mit einer älteren Dame, die Geburtstag hatte. Ihr größter Wunsch: dass Angela Merkel doch noch mal Bundeskanzlerin wird. Läuft.

Notizen: Haben ein Leberkäse-Brötchen rausgeschmuggelt, um es auf der Wahlparty von den Grünen zu essen. Ups.

FDP– 19 Uhr, Team ?

Die Party erinnerte an: die Alumniparty einer Eliteuniversität. Oder das Vereinstreffen der Club deutscher Unternehmer*innen.

Wahlerfolgsschätzung: Also. Irgendwie war allen klar, dass die FDP wieder in den Bundestag einziehen würde. Wir hatten dementsprechend ein rauschendes Fest erwartet. Nun ja. Die FDP feierte, als wäre deren Wiedereinzug das normalste und unaufregendste der Welt. Quasi nach dem Motto

Fake it 'til you make it.

Tatsächliches Ergebnis: 10,4 Prozent.

Musik: ARD- und ZDF-Fernsehbeiträge wurden ab und zu von poppiger Radiomusik abgelöst. Getanzt hat niemand. Außer uns. Kurz.

Schnittchen: GRATIS SCHNITTCHEN! Gott im Himmel! Es soll ja Menschen geben, die nur für einmal im Jahr für gratis Buletten, Wiener Würstl, Kartoffelsalat und Nudelsalat eine Partei wählen. Wir wollen nicht sagen, dass wir dazu gehören, aber wir waren schon recht Fan.

Alkohol: GRATIS ALKOHOL! Küsschen noch mal, liebe FDP.

Location: unaufregend.

Highlight des Abends: Der Moment, in dem wir festgestellt haben, dass Essen und Trinken kostenlos sind.

Notizen: Anzüge, überall Anzüge!

Die Grünen –20 Uhr, Team ?

Die Party erinnerte an: Vorm Club standen nette Leute mit Bier in der Hand. Coole Location, mitten im coolen Neukölln, da vermutete man eine coole Party der Grünen. Von Drinnen: Hilfe, wer hat die Stimmung abgewählt? Auf zwei Bildschirmen liefen zwei verschiedene Programme, einer beschallt auch den Raum mit Ton. Nur leider nicht mit Musik. Die Menschen standen viel herum, einzig eine überdimensionale Sonnenblume an der Wand versicherte uns, dass wir hier richtig waren.

Wahlerfolgsschätzung: Dass die Grünen diesmal nicht das Ergebnis ihres Lebens einfahren würden, war klar. Um die acht Prozent lautete die Schätzung.

Tatsächliches Ergebnis: 8,9 Prozent und damit knapp hinter Die Linke (Stand 22:46 Uhr).

Musik: Ob das eine Energiesparmaßnahme war? Kein*e DJ,

nowhere.

Schnittchen: nix.

Alkohol: Ja, aber nur gegen Geld. Diese Party war eine einzige Feier für Selbstversorger*innen.

Location: Statt dröger Parteizentrale setzten die Grünen auf einen Club. Nur leider ohne Party.

Highlight des Abends: wieder zu gehen, sorry.

Notizen: Wir haben Hunger.

Die Linke – 21 Uhr, Team ?

Die Party erinnerte an: Als wir angekommen sind, erinnerte die Party zuerst an eine Vernissage mit sehr lautem Polittalk als Hintergrundgeräusch. Dann wurden allerdings ARD und ZDF abgestellt und die linke Jugend kaperte den Dancefloor. Ab dem Moment erinnerte die Party an einen Tanzabend einer Schulklasse auf Klassenfahrt.

Wahlerfolgsschätzung: Weltrevolution! Aber überwiegend sitzend.

Tatsächliches Ergebnis: Laut der Hochrechnung um 23:30 Uhr: 9 Prozent.

Musik: Die beste Mischung aus 80ern, 90ern und den besten Hits von heute. Man kannte quasi jedes Lied, alle haben grölend mitgesungen und getanzt.

Schnittchen: Es gab nichts umsonst, was äußerst frustrierend war. Gegen Bezahlung gab es vegane Currywurst oder Knacker mit Schrippe und/oder Grünkohl (

very local). Dabei muss man aber berücksichtigen, dass die Linken-Wahlparty die einzige war, für die man sich nicht akkreditieren musste. Jede*r, der*die Lust hatte, konnte einfach vorbeikommen.

Alkohol: Was es halt so in Berliner Clubs gibt. Bier, Wein, Berliner Luft.

Location: Die Linke hat im legendären Festsaal Kreuzberg gefeiert.

Highlight des Abends: Katja Kipping hat einen Meter neben uns hart abgeravt. Es hat sehr gemenschelt.

Notizen: Wir wären lieber geblieben, als diesen Artikel zu schreiben.

AfD – 21:30 Uhr, Team ?

Die Party erinnerte an: Gar nichts, da wir keine Akkreditierung bekommen haben (angeblich kein Platz) und erst gar nicht bis zum Eingang durchgedrungen sind. Statt Party galt hier eher

Gegendemo.

Wahlerfolgsschätzung: circa 11 Prozent.

Tatsächliches Ergebnis: 12,8 Prozent (Hochrechnung 22:45 Uhr). Die Freude bei der AfD war groß, bei mindestens genauso vielen Menschen aber nicht.

Musik: Können wir leider nur mutmaßen. Vielleicht Schlager?

Schnittchen: Sicher wie

im letzten Jahr bei der Landtagswahl viel Mett.

Notizen: Lange wurde die Location der Wahlparty der AfD geheim gehalten – aus Sicherheitsgründen, wie es hieß. Doch im Laufe des Tages sprach sich herum, dass die rechte Partei im Traffic Club am Alexanderplatz feiern würde. Dort wurde großräumig abgesperrt, viele Menschen demonstrierten davor. Sie buhten und riefen "Berlin hasst die AfD".